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Mannheimer Morgen
Abschrift:

Schweren Spagat mit Bravour gemeistert

"MM" verabschiedet langjährigen Herausgeber mit stilvoller Feier aus dem aktiven Dienst

Von Redaktionsmitglied Peter W. Ragge

Polizeibeamte auf Motorrädern flankieren die Zufahrt zum Ehrenhof, der herrlich mit hunderten von Flammenschalen illuminiert ist. Sie weisen den Weg zum Schloss, in dem Pagen in prächtigen Barockgewändern die Gäste willkommen heißen, ehe sich zu mächtigen Fanfarenklängen des Jungen Blechbläserensembles der Musikschule der Rittersaal öffnet und anschließend beim Empfang im effektvoll geschmückten Gartensaal blaue Rosen die Hausfarbe des Unternehmens und weiße Federkiele den Beruf der Hauptperson symbolisieren: Mit einem sehr stilvollen festlichen Abend verabschiedete der "Mannheimer Morgen" gestern den langjährigen Herausgeber Rainer von Schilling aus dem aktiven Dienst des Verlages. "Mit dem Abend haben Sie mir ein enormes Geschenk gemacht", bedankte sich Rainer von Schilling beim Aufsichtsratsvorsitzenden der "MM"-Muttergesellschaft, der Dr. Haas-Unternehmensgruppe, Professor Dr. Norbert Loos. Er hatte von Schilling zuvor bescheinigt, die "nicht ganz einfach" Herausgeberrolle "mit Bravour gemeistert" zu haben. Sein Anspruch sei dabei stets gewesen, Unabhängigkeit und Überparteilichkeit der Zeitung zu sichern und Anwalt der Bürger wie der Region zu sein. "Sie haben den 'MM', ja eine ganze Epoche erheblich geprägt", bedankte er sich im Namen der Gesellschafter, des Aufsichtsrates, der Geschäftsführung und aller Mitarbeiter für den Einsatz. Auch wenn er sich nun nicht mehr"so einbringen wird wie in der Vergangenheit", so sei er doch "dankbar", wenn von Schilling noch einige Zeit als Herausgeber und beratend tätig bleibe, sagte Professor Loos. "Ich bleibe am Ball habe die Lust am Leben nicht verloren", entgegnete Rainer von Schilling und gab einen Teil des Dankes - mit Blumen - an seine langjährige Mitarbeiterin Heidi Egger, weiter. Er habe den "MM" immer als "Familienzeitung" bewahren wollen und seine Rolle als Herausgeber als ständigen, aber gelungenen Spagat gesehen - -"mit dem Herzen in der Redaktion, mit dem Verstand im Verlag". Das bestätigte ihm mit Horst-Dieter Schiele ein langjähriger Weggefährte. "Wir haben eine respektierte, im Lande angesehene Zeitung gemacht, weil der Spagat zwischen Geist und Kommerz im Hause 'MM' gelungen ist", betonte der frühere Chefredakteur: "In 40 Jahren haben wir viel erlebt, uns erstaunlicherweise aber nie auseinander gelebt". Sagte Schiele in sehr persönlicher Dankesworten. Nie habe es eine grundlegend anhaltende Missstimmung gegeben - und das nicht allein wegen von Schillings sehr versöhnlicher Persönlichkeit, sondern in erster Linie wegen gemeinsamer Wertvorstellungen. Durch eine Ämter bei der Unesco und dem Internationalen Presseinstitut und damit in aller Welt, gleichermaßen jedoch im eigenen Haus sei der Herausgeber immer ein starker Verfechter der Pressefreiheit gewesen. "Er hat auf gute und positive Weise die Arbeit der Redaktion stets gefördert und nie behindert", sodass sich diese "nicht ausschließlich unter die Knute der Renditeerwartungen zwängen lassen musste": "Zeitungmachen ist nun mal keine Industrieproduktion". Dabei würdigte Schiele von Schillings Einsatz als "Weltbürger" für Völkerverständigung und deutsch-amerikanische Freundschaft ebenso wie das Engagement für Mannheim, etwa in der Aktion "Wir wollen helfen". Von Schilling habe eben, so Schiele, die soziale Komponente seiner Arbeit nie vergessen. Als persönlicher Freund, mit dem er gemeinsam Bergtouren unternimmt, aber auch als oberster Bürger der Stadt würdigte OB Gerhard Widder den "MM"-Herausgeber: "Von Schilling ist dort, wo die Menschen sind: Er ist kein Kumpeltyp, aber er lässt erkennen, dass er einer von ihnen ist". Der Name seiner Familie sei mit der Nachkriegs- und Zeitungsgeschichte untrennbar verbunden. Rainer von Schilling selbst habe sich einmal national und international dem Kampf für die Pressefreiheit verschrieben und damit die Stadt nach Außen repräsentiert, andererseits aber "nicht nur dem 'MM', sondern der Stadt und der Stadt und der ganzen Gemeinschaft gedient". Als Beispiel nannte Widder den Bloomaulorden und den mit Engelhorn gestifteten Initiativpreis. Zudem habe von Schilling "früher als viele andere die Bedeutung elektronischer Medien erkannt". Darüber sprach dann Dr. Hugo Müller-Vogg, gebürtiger Mannheimer und FAZ-Herausgeber, der einst beim "MM" Volontär war. "Insofern" habe ich auch Ihnen viel zu verdanken", wandte sich Müller-Vogg an von Schilling. Nie habe er deshalb verhehlt, dass er in Mannheim sein journalistisches Handwerk gelernt habe "und dass es eine ausgezeichnete Lehrte war".

(Quelle: Mannheimer Morgen, 07.12.2000)
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